Von der Möglichkeit der Listenerstellung und Terminerinnerung über das Musikhören und (Video-) Telefonieren bis zur Erstellung von Routinen und damit der automatischen Steuerung verknüpfter smarter Geräte, bieten Sprachassistenten vielfältige Funktionen, die zur Wiedererlangung bzw. zum Erhalt der Selbständigkeit von Menschen mit Behinderung beitragen können. Doch im Umgang mit Sprachassistenten gibt es auch einiges zu beachten. Denn umsonst stellen diese Geräte ihre Dienste nicht zur Verfügung. Sie mögen zwar günstig in der Anschaffung sein – bezahlen muss die Nutzer*in aber dennoch: und zwar mit persönlichen Daten!

Sprachassistenten und Datenschutz

Sprachassistenten warten immer auf ihr Signalwort. Deshalb kann davon ausgegangen werden, dass sie auch im Standby Modus ständig zuhören. Dabei ist nicht klar, was alles aufgenommen wird, was mit den Daten passiert und für welche Zwecke sie benutzt werden. Dies verstößt gegen das Recht des Datenschutzes.

Sprachassistenten und Persönlichkeitsrechte

Das Speichern und Auswerten der Audiodateien durch die Unternehmen, sowie die Verwendung dieser Dateien für kommerzielle Zwecke verstößt gegen die Persönlichkeitsrechte der Nutzer.

Wichtig hierbei ist, dassauch scheinbar belanglose Sprachbefehle schon sehr viel Informationen über den Benutzer preisgeben können.

Datenschutz in den vBS Bethel

Aufgrund hoher Datenschutzauflagen in den vBS Bethel, die einen sehr restriktiven Standpunkt gegenüber einem Datenverkehr in die USA einnehmen, war es uns bisher nicht möglich, Sprachassistenten zum Einsatz zu bringen.

Denn durch die cloudbasierte Verarbeitung von Sprachbefehlen, die in der Regel in Übersee stattfindet, kann nie mit Gewissheit eine Aussage über ihre Weiterverarbeitung getroffen werden, was (nicht nur) für unsere Zwecke ein erhebliches Problem darstellt.

Vorteile von Sprachassistenten vs. Datensammlung

Am 24. Februar 2021 waren wir zu einer Videokonferenz mit dem Team der Datenschutzbeauftragten der vBS Bethel Dr. Simon Stark und Fr. Jungeilges, zuständig für Sozial- und Zivilrecht, eingeladen.

In diesem Gespräch konnten wir Fragen klären wie z. B.:

  • Welche Maßnahmen müssen ergriffen werden, um Sprachassistenten in Bethel nutzen zu können?

Da der Einsatz von Sprachassistenten in den vBS Bethel noch nicht selbstverständlich und üblich ist, gilt es, nicht nur die Tester*innen im Umgang damit zu schulen, sondern auch die Teams in den jeweiligen Einrichtungen für die Möglichkeiten, Vorteile aber auch Risiken zu sensibilisieren.

Gibt es einen Unterschied, ob Sprachassistenten im stationären oder ambulanten Bereich der vBS Bethel genutzt werden?

Es gibt tatsächlich einen Unterschied, denn in stationären Einrichtungen sind die vBS Bethel für das Umfeld verantwortlich. De facto haben sie das Hausrecht als Handlungsoption. Im ambulanten Wohnsetting hingegen, betreten Mitarbeiter*innen einen privaten Raum mit all seinen Eigenschaften.

  • Darf Klient*innen die Nutzung von Sprachassistenten verwehrt werden?

Obwohl die vBS Bethel im stationären Wohnbereich das Hausrecht besitzen,

dürfen sie die Anschaffung bzw. Nutzung eines Sprachassistenten trotzdem nicht verbieten.

Und was bedeutet das nun für Smart im Alltag?

Für uns bedeutet das, dass wir Sprachassistenten wie Alexa und Co. unter Einhaltung bestimmter Bedingungen auf Wunsch zum Testen ausleihen dürfen:

Dazu gehören nicht nur die Schulung und enge Begleitung der Projektteilnehmenden im Umgang und in der Nutzung von Sprachassistenten, insbesondere der Sensibilisierung hinsichtlich ihrer Persönlichkeitsrechte und Datenschutz. Gerade die Risiken müssen herausgestellt werden. Sprachassistenten dürfen nicht als „einfache Lösungen“ präsentiert werden.

Aber auch die Sorgen von Mitarbeiter*innen hinsichtlich der Datensammlung muss ernst genommen werden. Deshalb ist es sehr wichtig, sie und ggf. auch die gesetzliche Betreuung in den gesamten Prozess des Testens mit einzubeziehen.

Schild für die Wohnungtür, das auf Alexa in der Wohnung hinweist

Die meisten Sprachassistenten besitzen eine mute-Taste, mit der das Mikrofon abgeschaltet werden kann, sodass man verhindern kann, dass das Gerät mithört. Bei Geräten, die zusätzlich über eine Kamera verfügen gibt es die Möglichkeit, diese durch eine Schiebevorrichtung abzudecken. Sind solche Tasten oder Schiebevorrichtungen nicht vorhanden, kann natürlich auch der Stecker gezogen und das Gerät nur dann aktiviert werden, wenn man es wirklich nutzen möchte.

Von diesen Möglichkeiten sollte bei Bedarf auch Gebrauch gemacht werden. So z. B. in Pflegesituationen, persönlichen Gesprächen oder auch auf ausdrücklichem Wunsch der Mitarbeitenden, die sich zum Gespräch oder anderen Tätigkeiten in die jeweilige Wohnung begeben müssen. Eine solche Vereinbarung zwischen Projektteilnehmer*in und Mitarbeiter*innen muss vor dem Beginn des Tests getroffen werden.

Zusätzlich soll im stationären Setting ein Schild an/neben der Wohnungstür darauf hinweisen, dass sich in der Wohnung ein Sprachassistent befindet. Im ambulanten Setting sollte sich ein solches Schild in der Wohnung, im Eingangsbereich befinden.

Das Ziel ist die Teilhabe an aktuellen Technologien

Grundsätzlich muss ein Mittelweg zwischen den Vorteilen assistiver Technologien, insbesondere Sprachassistenten und der Datensammlung dieser Geräte gefunden werden. Ein Verbot der Nutzung ist nicht gewünscht und entspricht auch nicht dem Wunsch und Ziel der digitalen Teilhabe bzw. der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen an technischer Unterstützung.

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